künstlerische Grundlagenarbeit

Malen im freien - wozu?

Ein paar meiner Gedanken zum Malen in der Natur... 2019.

Was mache ich hier eigentlich?

 

Seit frühmorgens sitze ich auf einer Almwiese und arbeite an Aquarellskizzen. Abgesehen davon, dass dies mir große Freude bereitet, fordert es meine Konzentration in einer Weise, die mir gut gefällt. Ich spüre, dass „etwas weitergeht“. Dass ich wieder was verstanden habe von der Welt um mich herum.

Es ist sehr wichtig für mich,  zuerst zu verstehen bzw. während des Arbeitens mein Motiv immer besser kennenzulernen. Einfach ein ausstellbares Kitschbild herzustellen interessiert mich gar nicht. Ich will verstehen und lernen. Immer weiter, immer feiner werden in Form und Farbe.  Es ist eines meiner Hauptanliegen an meine Arbeit, das Verstehen – und die anschließende bestmögliche Umsetzung.

Allerdings bin ich nicht so naiv zu glauben, dass der Kunstmarkt auf genau diese meine Arbeitseinstellung samt dessen Erzeugnisse gewartet hat.

Provokanter könnte mein Werk schon sein. Nun, im Zusammenhang mit einem adäquaten Thema – gerne. Aber Provokation um der Provokation willen? Nein, damit kann ich nichts anfangen. Oder zumindest ein kleines Skandälchen oder ein paar sexuell aufgeladene Arbeiten? Oh no, eindeutig nicht meine Baustelle. Ich introvertierter gschamiger Mensch. Was ist eigentlich mit einem Alleinstellungsmerkmal? Haha. Mein Alleinstellungsmerkmal ist die Vielfalt. Also passe ich in keine Schublade. Und auf einer altehrwürdigen Akademie habe ich mich auch nicht formen lassen.

Was also mache ich hier eigentlich?

Nun, heute male ich meine Aquarellskizzen an einem wundervollen Fleckchen Erde. Weil ich es will und dies mit großer Freude und Ernsthaftigkeit betreibe. Dabei sammle ich gedanklich viele unglaublich tolle Natureindrücke und genieße die Stille an diesem touristisch nicht erschlossenen Paradies.

 

(C) Monika Lafer

Frauenleben in: Süd-ist journal Juni 2020

Aufgewachsen bin ich mit meinem jüngeren Bruder in der geografischen Idylle von Mitterlassnitzberg. Sollte Ihnen dies kein Begriff sein, kennen Sie bestimmt Nestelbach bei Graz. Mitterlassnitzberg liegt in dieser Gemeinde. Im Sommer nannte man die Lage meines Elternhauses den schönsten Bauplatz weit und breit, im Winter rauften sich hier drei Gemeinden darum, wer nicht Schnee räumen müsse. Dies hatte zur Folge, dass ich als Jugendliche die vier Kilometer Schneefahrbahn bis zur Bushaltestelle mit meinem Puch Maxi im Bruthennenmodus (Kopf zwischen den Schultern eingezogen, den Lenker verbissen fixierend, die Füsse so weit es ging nach links und rechts ausgeklappt) zurücklegte.

Es gab eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft, die von meinen Großeltern mütterlicherseits seinerzeit unter schwierigen Bedingungen mit viel Umsicht am Leben erhalten worden war. Wir Kinder (in den 1980ern geboren) merkten davon freilich nichts mehr, langsam gesellten sich zivilisatorische Errungenschaften in unser Leben: Ein Rasenmäher ratterte nun dort, wo früher mit der Sense Saugras gemäht worden war, der hauseigene Opel verfügte nun über Servo – statt Blutdrucklenkung und die ehemals speibgrüne Küche mit Chromleisten wurde durch eine neue, farblich neutrale inklusive Geschirrspüler ersetzt.

 

Nach der Volksschule in Nestelbach besuchte ich das Gymnasium der Ursulinen in Graz, es dauerte eine Weile, bis sich der bunt zusammengewürfelte Haufen, genannt Klassengemeinschaft, einigermaßen vertrug. 

In der Oberstufe sah die Sache für mich nun völlig anders aus: Meine Mutter war an Krebs erkrankt und verstarb innerhalb eines halben Jahres, da hatte ich andere Sorgen als Hausaufgaben, Beliebtheitsrankings der Mädels oder Poster der Lieblingsstars an den Wänden. Nun ging es um Haushaltsführung, der ich mich in früheren Jahren immer erfolgreich entzogen hatte (Mama jagte mich meist aus der Küche, weil ich mich absichtlich patschert anstellte) und meine Bettlektüre waren nun nicht die von der Schule geforderten Literaturklassiker sondern Kochbücher und ähnlich spannendes Material. Untermalt von Heavy Metal war es einigermaßen schaffbar. 

 

Die Aufnahmeprüfung in die Akademie für Physiotherapie in Graz bestand ich auf Anhieb, somit hatte ich 2002 meine erste Berufsausbildung abgeschlossen und startete in eine Laufbahn, die mir viel Freude und Lebenserfahrung bringen sollte. Aber es war eben nicht alles. 

 

Nebenher hatte ich immer gezeichnet, meist Auftragsarbeiten wie Porträts, Karikaturen, später Tattooflashes. Die Malerei gesellte sich ebenfalls dazu und wollte immer weiterentwickelt werden. Und irgendwann stellte sich die Frage nach einer künstlerischen Laufbahn und dem entsprechenden Rüstzeug. 

Nachdem privat und beruflich ein Neustart unumgänglich war, nahm ich die Gelegenheit wahr, kündigte meine Anstellung als Physiotherapeutin (ich hatte schon in weiser Voraussicht meine Selbständigkeit begonnen) und machte die Aufnahmeprüfung an der Meisterklasse für Malerei an der Ortweinschule. Und wurde prompt angenommen. Die nächsten beiden Jahre gab es Sechs – Tage – Wochen: drei Tage Meisterklasse, drei Tage Physiotherapie. Und es war super. Und wenn es nicht super war, dann war es noch immer super. Verglichen mit allen anderen Optionen.

 

In diesen Jahren konnte ich vieles entwickeln, was mir heute noch Riesenfreude macht: Das Aquarellieren direkt vor der Natur (nein, nicht um ein Kitschbild herzustellen. Um zu verstehen, was verstanden werden will, wenn Sie verstehen), das Herausarbeiten der eigenen Authentizität.

Das Ziel war, von der Kunst leben zu können. Aber was sollte nach der Meisterklasse passieren? Eine Kunstakademie in Wien? Privatkurse? Einen weiteren Zweig der Meisterklasse besuchen? Dreimal nein. Die Entscheidung fiel auf ein theoretisches Studium, nämlich das der Kunstgeschichte und zwar in Graz.

Die einzige Befürchtung, die ich bezüglich meiner Entscheidung immer wieder hörte, war: „Viele hören dann mit der eigenen Kunstproduktion auf, das wird sehr oft unterschätzt!“ Nun, das konnte mir nicht passieren. Denn nach zwei Tagen ohne künstlerische Betätigung werde ich unrund, nach drei Tagen bin ich nicht auszuhalten und nach vier Tagen ohne Kunst könnte man mich als Belastung für mein Umfeld bezeichnen. Es ist also nicht immer ein Quell der Freude, mit einer Künstlerin oder einem Künstler das Leben zu teilen.

In dem Punkt, nämlich das gemeinsame Leben, habe ich wirklich Glück. Mein Mann Werner unterstützt mich seit Beginn unserer Beziehung in meinem Tun auf allen Linien. Er ist der liebevollste Mensch, der mir je begegnet ist.

2015 gab ich schließlich die Physiotherapie ganz auf, um mich vollends der Kunst zu widmen. Und es fühlte sich super an, auch wenn ich immer gern eine Physiotherapeutin war. Aber noch lieber bin ich Künstlerin. 

Im selben Jahr wurde unser Sohn geboren, und die Aussage meiner Schwiegermutter, nämlich „Eine sehr schöne, aber nicht leichte Zeit“ sprach mir aus der Seele. Zumal ich aller Wahrscheinlichkeit nach keine allzu typische Mutter bin, die sich mit Freude in Mama – Kind – Gruppen einfindet oder sich auf Spielplätzen wohlfühlt. Oder auf Parties mit freiwilliger Kaufoption. Damit kann man mich jagen.

Unser Sohn soll einfach ganz normal mitleben, das angeblich kindgerechte und listig aufgebaute Bespaßungsprogramm ist weder für meinen Mann noch für mich akzeptabel. So gibt es bis jetzt keinen Fernseher in unserem Haushalt (irgendwann wird auch die GIS das akzeptieren) und nein, wir fadisieren uns kein bisschen. 

Für mich gibt es weder Instagram noch Facebook, weil mir meine Zeit viel zu schade dafür ist. 

 

Sie fragen sich bestimmt, was ich dann mit der ganzen gewonnenen Zeit mache, oder? Familienzeit genießen, aber auch Masterarbeit, Masterprüfung (wurde Mai 2020 mit sehr gutem Erfolg abgelegt), Aufträge im Atelier abarbeiten und  Ausstellungen realisieren (in der Schweiz, aber auch lokal).

 

Wir sollten an diesem Punkt wieder auf das Zeitfenster zu sprechen kommen, in dem es mir möglich ist, wissenschaftlich und künstlerisch zu arbeiten: an drei Vormittagen pro Woche wird unser Sohn von unserer Betriebstagesmutter betreut. Fertig. 

Aber natürlich ist er mit Begeisterung im Atelier mit dabei und ich kann auch gut nebenher malen. Und wenn ich vor der Natur aquarelliere, ist die ganze Familie dabei. Aber ja, es ist nicht viel Zeit, die neben einem aufgeweckten Kleinkind für die eigenen Dinge bleibt. Und da soll ich noch Dinge erledigen wie Likes auf Facebook zählen oder ähnliches? Oder etwas posten und aggressiv zuwarten, was die Community zu sagen hat? Nö, ich habe meine Homepage (www.monika-lafer.at), das reicht mir.